Bahnhof Bozen und Stuttgart 21, TZ, 111210

Gastkommentar
„Absolute Funkstille“
Hans Wieser über das, was man für das Bahnhofsprojekt in Bozen von Stuttgart 21 lernen kann.

Wie Stuttgart gezeigt, sind Bahnhöfe mehr als nur „Infrastruktur“, sie prägen Stadtbild und Gemeinschaft. Die dortige Bevölkerung fand, dass die weiträumigen Zerstörungen dieses Umbaus den Vorteil, zehn Minuten früher in Ulm zu sein, nicht aufwiegen. Am (vorläufigen) Ende der Krawalle fragten Polizei und Behörden die Protestierer: Warum habt ihr vorher nichts gesagt, es war doch so abgemacht? Die Gegner warfen den Verantwortlichen eine absichtlich irreführende Information vor, die das geplante Desaster nicht ahnen ließ, verlangten bei großen Vorhaben mehr Offenheit und direkte Demokratie. In Bozen ist eine großflächige Überbauung des Bahnhofsareals seit langem im Gespräch, namhafte Architekturbüros sind zur Projektierung eingeladen. Die Zeitungen berichteten, brachten Fotos des Auswahlkomitees. Als unbedarfter Zeitungsleser möchte man gerne wissen, was denn im Einladungsschreiben stand? Ein paar Leitideen für die Nutzung des Areals, eine Auflage zur Erhaltung des Bahnhofs, Hinweise auf die Überetscher Tram wie Linienführung, Anbindung an die Eisenbahn …? Dazu nur absolute Funkstille. (Die Architekten schweigen, weil sie einen eventuellen Auftrag nicht durch blöde Bemerkungen aufs Spiel setzen möchten, die Verkehrsplaner warten wahrscheinlich auf Weisungen, die man dann wissenschaftlich untermauern könnte und der Bürger sieht im dicken Nebel nicht, wohin die Reise geht.) Schade. Anders als in Stuttgart wird unsere Bevölkerung für den Bahnhof wohl nicht auf die Barrikaden gehen, doch ist sie nach der jahrelangen Pressekampagne für die sinnlose Verlegung des so gut situierten Bahnhofs misstrauisch (‚Ferroplan’ etc.). Und da man in unserem Lande viel von direkter Demokratie redet, wäre dies eine gute Gelegenheit, um die Bevölkerung an ein Nachdenken über Fragen von allgemeinem Interesse zu gewöhnen. Einfach durch gute Information. Vielleicht sollte man die Möglichkeit ergreifen zu zeigen, dass Politik mehr ist als Machtkampf, Postenschacher oder verschleierter Schutz wirtschaftlicher Interessen, dass trotz allem auch Sinn fürs Gemeinwohl und ein Quäntchen Treu und Glauben dazugehören.

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5 Antworten auf Bahnhof Bozen und Stuttgart 21, TZ, 111210

  1. markus sagt:

    das kann sehr viel kostet,wenn möglich könnte eine anti-bahnhofdemitraion wie in stuttgart in Bozen kommen,der denkmalschutz ist ganz streng.!!!

  2. markus sagt:

    Was kostet der neue Bahnhof in Bozen,ich denke das es ca.800.000.000 € in Planung kostet !! Das ist viel zu teuer!!!

  3. markus sagt:

    Was kostet das neue Bahnhofprojekt in Bozen,ich denke das der Neubau des
    Bozner Bahnhof ca.800.000.000 € allein die Planung kostet!!

  4. forum sagt:

    so heißt es immer, eine kleine Minderheit… woher will man das wissen, wenn man keine Volksbefragung macht?

  5. Jürgen sagt:

    Vorsicht! Nur ein Teil der Bevölkerung in Stuttgart ist gegen den Bahnhofsneubau! Bei weitem nicht die Mehrheit, nur ein kleiner, lauter und teilweise gewaltbereiter Teil! Daher Vorsicht mit Pauschalierungen.