Die I-Firma (FF 44/2010)

Helmuth Innerbichler ist ein Mann mit vielen Interessen, Posten und Beteiligungen. Als Bürgermeister von Sand in Taufers sorgt er für das Allgemeinwohl, als Unternehmer für sein eigenes Wohl.

Im Vorstand des Südtiroler Wirtschaftsrings (SWR) ist er seit Mittwoch dieser Woche nicht mehr vertreten: Helmuth Innerbichler, 52. Dabei war er bis vor ein paar Wochen noch Präsident des SWR, dem politischen Arm der Wirtschaftsverbände im Land. Dass er jetzt gehen muss, hat mit den Auseinandersetzungen im Landesverband der Handwerker (LVH) zu tun, bei denen Helmuth Innerbichler letztlich unterlag. Er war es gewesen, den das langjährige LVH-Führungsduo Herbert Fritz (Präsident) und Hanspeter Munter (Direktor) als Nachfolger von Fritz aufbauen wollte. Doch zur Überraschung vieler setzte sich im Vorjahr Walter Pichler bei der Stichwahl zum Präsidentenamt durch. Für Innerbichler blieb der SWR – und auch damit ist es jetzt vorbei. Er muss Walter Pichler weichen.

Arbeitslos ist Helmuth Innerbichler jetzt trotzdem nicht. Denn der Inhaber eines soliden Malerbetriebes in Sand in Taufers ist ein Mann mit vielen Interessen, Posten und Beteiligungen (siehe Kasten). Mit ihm ein persönliches Gespräch zu vereinbaren, ist gar nicht so einfach – und wenn, dann ist der Zeitrahmen genau definiert. Danach muss Innerbichler schon wieder zur nächsten Sitzung eilen: Gemeinderat, Gemeindeausschuss, Baukommission, Handelskammerausschuss und und und.

„Es ist grenzwertig, in wie vielen Gremien er vertreten ist“, sagt Gudrun Mairl. Die Gemeinderätin des Parteienbündnisses „Taufers 2010″ ist überzeugt davon, dass jeder Mensch nur eine gewisse Kapazität an Ressourcen hat, sei es nun geistiger, zeitlicher oder fi nanzieller Natur. Sie hält dem Bürgermeister trotzdem zugute, dass er ein Meister darin sei, Geld für die Gemeinde über Leader- und EU-Projekte aufzutreiben.
Einerseits. Andererseits, sagt Gudrun Mairl, sei er auch ein Meister im Ressourcen verbrauchen. In letzter Zeit, sagt sie, sei ihm „ein wenig die Bodenhaftung abhandengekommen“. Dies würden seine chronische Arbeitsüberlastung, sein Streben nach höheren Weihen (Bezirksgemeinschaft, Landtag), sein Hang zu Prestigeprojekten (Hallenschwimmbad Cascade) sowie sein Einstieg in die alternative Energieerzeugung mittels Blockheizkraftwerken (BHKW) deutlich zeigen.

Helmuth Innerbichler pariert solche Angriffe geschickt. „Alles eine Frage des Managements und der Selbstorganisation“, sagt er gegenüber ff . Er sei natürlich nicht überlastet; er strebe höhere Posten nur zum Wohle der Allgemeinheit an; das Hallenschwimmbad sei nicht sein persönliches Prestigeobjekt, sondern es komme der einheimischen Bevölkerung zugute und trage zur Standortentwicklung im Tauferer Ahrntal bei; und auch die Sache mit den BHKW komme sowohl der Umwelt als auch den Beziehern von Fernwärme zugute.

In Sachen Hallenschwimmbad stoßen sich die Kritiker des Bürgermeisters vor allem an der Finanzierung. Das Hallenschwimmbad mit dem Namen Cascade soll 12 Millionen Euro kosten. Eine Bietergemeinschaft bestehend aus Unionbau GmbH (federführend), Schmidhammer GmbH, Kaser GmbH, I.T.A.C.A. GmbH und Leitner Hubert KG hat sich die Ausschreibung gesichert. Sie hat sich damit auch verpfl ichtet, die Anlage 15 Jahre lang zu führen. „Somit“, sagt Helmuth Innerbichler, „habe ich die Garantie, dass die Firmen Qualität liefern.“

Mag sein, sagt Haymo Laner, Gemeinderat von Taufers 2010. „Doch woher sollen die 12 Millionen Euro kommen?“ Der Finanzierungsplan der Gemeinde sieht vor, dass 2,5 Millionen Euro an Privatkapital, 2 Millionen Euro über Kubaturzuweisung, 600.000 Euro über den Verkauf eines Hauses, 3 Millionen Euro über einen Landesbeitrag und der Rest (3,9 Millionen Euro) von der Gemeinde selbst abgedeckt werden. Allerdings: Die 2,5 Millionen Euro, die von privaten Sponsoren kommen sollen, sind längst noch nicht beisammen.

In einer Antwort des Bürgermeisters auf Anfrage von Laner heißt es: „Bei Erreichen des Betrages von 500.000 Euro wird der Unterstützungsbeitrag im Haushalt der Gemeinde buchhalterisch erfasst“. Das ist bislang nicht passiert.

Trotzdem ist Helmuth Innerbichler zuversichtlich, die magische Zahl 2,5 Millionen innerhalb der nächsten drei Jahre zu erreichen. 70 Sponsoren seien bereits gefunden (darunter Firmen wie die Syneco GmbH, die Bergundtal GmbH, die Niederwieser Bau GmbH, die Innerbichler Helmuth GmbH oder die Immobilien Niederkofler GmbH).
Auch der Landesbeitrag von 3 Millionen Euro liegt noch in weiter Ferne. Landeshauptmann Luis Durnwalder bestätigt derzeit lediglich eine Zusage von 800.000 Euro. Ob die restlichen 2,2 Millionen Euro noch kommen, sei ungewiss. Und was die Kubaturzuweisung anbelangt, so steht sie derzeit still, weil ein Gerichtsverfahren läuft. Haus- und Wohnungsbesitzer wehren sich dagegen, dass die Gemeinde die Erweiterungskubatur aus dem Dorfkern einfach an Bauwillige verkaufen will. Sie betrachten die Kubatur als ihr Eigentum.

Der Bürgermeister sagt hingegen, er sehe nicht ein, dass Private von der Allgemeinheit Kubatur geschenkt bekommen sollen – ohne Gegenleistung. Er ist zuversichtlich, dass das Gerichtsverfahren zugunsten der Gemeinde ausgeht. Daher stehe auch die Finanzierung des Hallenbades auf sicherer Basis.

Die Freiheitlichen Thomas Egger und Roland Tinkhauser beäugen den Finanzierungsplan für die Cascade hingegen skeptisch: Er sei vielmehr ein Wunschzettel als ein Finanzierungsplan. „Eine solide Gesamtfi nanzierung eines Großprojektes sieht jedenfalls anders aus“, sagen Tinkhauser und Egger.
Besonders delikat ist das Th ema Blockheizkraftwerke in Sand in Taufers. Die Gemeindebaukommission hat insgesamt nicht weniger als zwölf Stück genehmigt (Stand: 14. Juli 2010). Acht dieser BHKW stehen im Keller des Unternehmens von Helmuth Innerbichler, ein weiteres (mit vier Motoren) wird derzeit auf einem Grundstück seiner Firma gebaut.

Haymo Laner und sein Listenkollege Herbert Seeber sind darüber wenig begeistert. Grund dafür ist unter anderem der Umstand, dass die BHKW ihre Wärme an die Fernwärmegesellschaft Taufer GmbH liefern – anstatt dass die Taufer GmbH sie selbst erzeugt. „Hier wird die Wärmeproduktion in private Hände gelegt, während die Verteilerleitungen von der Allgemeinheit fi nanziert und instand gehalten werden“, sagt Haymo Laner.

Während die Leitungen zu den BHKW bereits gebaut werden beziehungsweise wurden, wartet beispielsweise die Biogasanlage in Kematen noch immer auf einen Anschluss. Sie produziert bereits seit mehreren Jahren Strom und Abwärme, liegt aber ein wenig abseits, sodass eine Leitung dorthin immer als zu kostspielig abgetan worden ist. Ganz anders das Tempo bei den BHKW: Alle zwölf haben erst heuer haben die Baukonzessionen erhalten, trotzdem wird bereits an den Leitungen gearbeitet.

Interessant sind auch die Beteiligungsverhältnisse an den zwölf Anlagen (siehe Kasten): So hat beispielsweise Meinhard Fuchsbrugger, im Nebenberuf auch Gemeindereferent und Präsident der Fernheizwerkgesellschaft, ein BHKW im Keller von Innerbichlers Unternehmen errichtet. Für Haymo Laner befinden sich Helmuth Innerbichler und Meinhard Fuchsbrugger eindeutig in einem Interessenkonflikt, da sie als Privatpersonen Verkäufer und als Amtspersonen Käufer der Wärme sind. Wer diesbezüglich die Lieferverträge unterzeichnet hat, konnte er bisher allerdings noch nicht herausfinden. Und das obwohl er selbst im Verwaltungsrat der Fernwärmegesellschaft gewesen war. Trotz mehrmaliger Nachfrage bekam er die Verträge nie zu sehen. Dies war mit ein Grund dafür, warum er „aus Mangel an Information und Unterlagenbereitstellung“ vor einigen Tagen als Verwaltungsrat zurückgetreten ist.

Die Kosten für ein schlüsselfertiges BHKW (2×450 Kilowatt) belaufen sich laut eines Businessplans, der ff vorliegt, auf 1,2 Millionen Euro. Damit können pro Jahr 6,7 Millionen Kilowattstunden (kWh) Strom und 2,7 Millionen kWh Wärme erzeugt werden. Dafür braucht man 1,4 Millionen Kilogramm Rapsöl. Das entspricht etwa 50 LKW-Ladungen. Werden der daraus gewonnene Strom und die Wärme verkauft, ergibt sich ein jährlicher Gewinn von rund 550.000 Euro. In zweieinhalb Jahren ist so eine Anlage also abbezahlt. Danach rollt jährlich eine halbe Million Euro in die Kassen der Betreiber.
In Sand in Taufers haben sich übrigens die Betreiber, die in der Halle und auf den Gründen der Innerbichler Helmuth GmbH angesiedelt sind, zum „Konsortium Kraftwerk“ zusammengeschlossen. Laut Gründungsvertrag vom 19. August 2010 ist Helmuth Innerbichlers Frau, Gertraud Holzer, Präsidentin des Konsortiums, das sich um die Abwicklung der Bürokratie in Zusammenhang mit den BHKW kümmern will.
Helmuth Innerbichler erachtet die ganze Sache als „sehr sinnvoll“. Erstens werde etwas getan für den Umweltschutz (obwohl jährlich mindestens 250 LKW mit Rapsöl ins Tal fahren werden). Und zweitens könne die Fernheizwerkgesellschaft Wärme zu günstigen Konditionen beziehen. „Denn sie bekommt nur genau so viel Wärme, wie sie selbst benötigt, und bezahlt dafür weit weniger als die Hälfte der Herstellungskosten der Taufer GmbH. Somit kommt diese Wärme allen Abnehmern des Fernheizwerkes zugute, weil der Preis für Wärme günstiger wird“, sagt Innerbichler.

Jeder hat am Ende also anscheinend seinen Gewinn – fragt sich nur, wer die Zeche dafür bezahlt.

Karl Hinterwaldner

Blockheizkraftwerke in Sand in Taufers
Nr. / Antragsteller / Elektr. Leistung
1 / Innerbichler Helmuth GmbH (Helmuth Innerbichler, Gertraud Holzer, Sand) / 330 kW
2 / Top Immobil GmbH (Helmuth Innerbichler, Gertraud Holzer, Sand) / 330 kW
3 / Meinhard Fuchsbrugger (Gemeindereferent in Sand) / 330 kW
4 / Hell&Weger KG (Maria Agnes Oberhollenzer, Sand) / 330 kW
5 / Puwa GmbH (Andreas Punter, Johann Punter, Alois Wallnöfer, Mals) / 330 kW
6 / Four.Ideas GmbH (Markus, Roman, Damian und Stephanie Innerbichler, Sand) / 330 kW
7 / Ciamp GmbH (Treuhandgesellschft AF AG, dahinter steht unter anderem Franz Mairhofer, Hotelier in Gais) / 330 kW
8 / BK Energy GmbH (Klaus Mair, Bau Schlanders; Jasmin Mair; Susanna Gufler; Bernhard Wellenzohn, Immobilien Schlanders; Edith und Elisabeth Wellenzohn; alle in Kortsch/Schlanders zu Hause) / 330 kW
9 / Green Power Sand in Taufers GmbH (Dietmar Niederkofler, Immobilien Bruneck; Dieter Schramm, Rechtsanwalt Bruneck; Manfred Reichegger, Hotelier Uttenheim; Manfred Wild, Kaltern; Anton Mairhofer, Winklerbauer in Gais) / 4×249 kW
10 / Taufer GmbH (Fernheizwerk, Gemeinde Sand in Taufers) / 2×420 kW
11 / Andreas Oberlechner, Sand / 420 kW
12 / Niederwieser Bau GmbH, Sand / 450 kW

Nr. 1 bis 8 sind im Keller des Firmensitzes der Innerbichler Helmuth GmbH stationiert, Nr. 9 ist auf Grundstücken der Innerbichler Helmuth GmbH.

Posten und Beteiligungen
Helmuth Innerbichler ist mit seinem Malerbetrieb groß geworden. Er ist Präsident und Geschäftsführer der Innerbichler Helmuth GmbH, die 2009 24 Mitarbeiter beschäftigt und einen Umsatz von 2,8 Millionen Euro erzielt hat. Das Unternehmen gehört zu 75 Prozent ihm und zu 25 Prozent seiner Frau Gertraud Holzer.
Innerbichler ist seit 2005 Bürgermeister von Sand in Taufers. Daneben bekleidet er den Posten des Präsidenten der Elektroverteilergenossenschaft Sand in Taufers (EVG); er ist Präsident der Genossenschaft für Regionalentwicklung und Weiterbildung (GWR); Präsident der Sport Center GmbH, die das Hallenschwimmbad Cascade baut; Verwaltungsrat der Top Immobil GmbH, an der er 51 Prozent hält; Kommanditist der Ria Druck KG des Robert Innerbichler & Co.; er sitzt im Exekutivausschuss des Landesverbandes der Handwerker LVH; im Verwaltungsrat der LVH-Bildungsgenossenschaft; im Ausschuss der Handelskammer; und er war bis Mittwoch dieser Woche im Südtiroler Wirtschaftsring SWR vertreten, dessen Präsident er bis vor wenigen Wochen gewesen ist.
Zudem hält Helmuth Innerbichler 50 Prozent der Bigman GmbH, die „Arbeitsbühnen für jeden Anspruch“ vermietet; dazu kommen Aktien (0,08 Prozent) der Speikboden AG. Über seine Betriebe Innerbichler Helmuth GmbH und Top Immobil GmbH ist er am Konsortium Kraftwerk beteiligt, das am 19. August 2010 gegründet worden ist. Präsidentin des Konsortiums ist Helmuth Innerbichlers Frau Gertraud Holzer; das Konsortium kümmert sich um die Bürokratie, die in den neuen Blockheizkraftwerken (BHKW) in Sand in Taufers anfällt.

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